Kassensturz in Frankreich

Geposted von Hans Heimburger am

Frankreichs neuer Präsident, Francoise Hollande, ist nicht zu beneiden: der von seinem sozialistischen Parteifreund Didier Migaud geleitete französische Rechnungshof hat im Auftrag der neuen Regierung einen 250 Seiten starken Bericht über die Staatsfinanzen der Grande Nation erstellt.

Für 2012 und 2013 klafft eine Lücke von rund 40 Milliarden Euro

Durch den Rückgang des Wirtschaftswachstums fallen die tatsächlichen Steuereinnahmen geringer aus, als dies bei der letzten Steuerschätzung im April noch erwartet wurde. Der Rechnungshof empfiehlt der Regierung drastische Sparmaßnahmen zu ergreifen, denn eine Sanierung der Staatsfinanzen nur über Steuererhöhungen (wie von Hollande favorisiert) dürfte nicht gelingen. Die Staatsverschuldung Frankreichs liegt nahe bei 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und somit in einem kritischen Bereich.

Die Staatsverschuldung von Frankreich ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen und liegt für 2012 bei knapp 90% des BIP

 

Die Franzosen werden mit höheren Steuern belastet

Francoise Hollande hatte in seinem Wahlkampf deutliche Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und vermögende Bürger angekündigt. Die Einführung eines Spitzensteuersatzes von 75 Prozent soll allerdings erst im Herbst beschlossen werden.  Die Vermögenssteuer, die ab einem Vermögen von 1,3 Millionen Euro greift, soll erhöhrt werden. Gleichzeitig sinken die Freibeträge der Erbschaftsteuer um ein Drittel auf 100.000 Euro. Auch die französischen Großkonzerne werden sich mit einer höheren Abgabenlast konfrontiert sehen. Allerdings werden selbst diese Steuererhöhungen nicht ausreichen, um im kommenden Jahr die Neuverschuldung auf 3 Prozent zu drücken. So schloss der französische Wirtschafts- und Finanzminister Pierre Moscovici diese Woche eine Erhöhung der Sozialsteuer CSG nicht aus. Sie kommt den staatlichen Sozialkassen zugute und fußt auf einer breiten Bemessungsgrundlage, die nahezu alle Franzosen betrifft. Aber wie bereits oben erwähnt, wird die neue französische Regierung nicht umhin kommen  auch eine „beispiellose Bremsung der Staatsausgaben“ ( so Didier Migaud)  vorzunehmen.

 

Frankreich braucht Reformen seiner Sozialsysteme und weniger „Staat“

Oft drückt ein Schaubild mehr aus als 1.000 Worte. Das nachfolgende Diagramm ist ein gutes Beispiel dafür. In Frankreich trägt der Staat über 56 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung des Landes bei, in Deutschland nur rund 46%. Dies hat zur Folge, dass private Unternehmungen aus dem betreffenden Wirtschaftssektor herausgedrängt werden, da in der Konkurrenz zu staatlichen Unternehmen sehr oft kein freier und fairer Wettbewerb stattfindet.  Dies ist nur ein Beispiel für dringend erforderliche Reformansätze in unserem Nachbarland.

 

Eduard Carmignac, den ich als Fondsmanagerkollege sehr schätze, hat gestern in einem offenen Brief an Präsident Hollande außergewöhnlich klar Stellung bezogen:

 ….die Schröpfung eines gesamten Landes (gemeint sind die Steuererhöhungen), um das Überleben eines überholten Gesellschaftsmodells zu gewährleisten, ist ein von Anfang an zum Misserfolg verdammtes Projekt, das sich bestenfalls während einiger Monate realisieren lässt. Darüber hinaus auch unsere deutschen Freunde zur Kasse bitten zu wollen, ist ein gefährliches und unüberlegtes Unterfangen. Warum sollten sie auch einen Beitrag zur Finanzierung des Ruhestandes ab 60 Jahren in Frankreich zustimmen, wo doch ihr eigenes Rentenalter selbst gerade bis auf 67 Jahre angehoben wurde?……Wollen wir den Kern unserer sozialen Errungenschaften auf lange Sicht erhalten, indem wir mutige Reformprogramme umsetzen, oder wollen wir diese gefährden, indem wir Frankreich auslaugen und damit das Projekt Europa auf Spiel setzen?….

Ich würde mir im Interesse aller Europäer wünschen, dass Präsident Hollande über seinen „sozialistischen Schatten“ springt und seine komfortablen Mehrheitsverhältnisse nutzt, um ernsthafte und nachhaltige Reformen auf den Weg zu bringen und nicht Leistungsträger wie Eduard Carmignac (und viele andere) quasi aus dem Land treibt.

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.