Mit dem „Weltbild“ von Gies & Heimburger liefern wir Ihnen seit Januar 2013 zu jedem Quartalsbeginn ein komprimiertes Update über unser „Bild von dieser Welt“ und die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen.
Amerika: erfolgreiche Impfstrategie – die Wirtschaft boomt
Die USA kauften noch im Entwicklungsstadium große Mengen des Moderna- und Biontech- Impfstoffes ein. Die Umsetzung einer bis dato effizienten C-19 Impfstrategie, die Präsident Joe Biden an die oberste Stelle seiner politischen Agenda setzte, lässt die amerikanische Bevölkerung mit Zuversicht (steigendes Konsumentenvertrauen) in die Zukunft blicken. 1,9 Billionen Dollar weitere Pandemiehilfsgelder der Regierung zu Gunsten der Bürger und das geplante billionenschwere Infrastrukturprogramm, lassen die Aussichten für die Konjunktur in einem sehr hellen Licht erscheinen. Volkswirte erwarten für das Gesamtjahr 2021 ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 6 bis 7 Prozent im Vorjahresvergleich.
Zusätzlich hält die amerikanische Notenbank Fed bisher an ihrer ultralockeren Geldpolitik, mit Nullzinsen am kurzen Laufzeitende, fest. Allerdings zeigt der deutliche Renditeanstieg am amerikanischen Rentenmarkt im Kern zwei Probleme auf: 1. Die Investoren zweifeln daran, dass die Notenbank bei ihrer Aussage bleibt (bleiben kann), frühestens im Jahr 2023 die Zinsen zu erhöhen. 2. Die Inflationsrate steigt aktuell spürbar an. Die Erwartungshaltung geht von weiter steigenden Preisen für Güter und Dienstleistungen aus. Die entscheidende Frage ist nun, ob der Inflationsanstieg ein temporäres Ereignis für wenige Monate darstellt – dies entspricht der aktuellen Einschätzung der Fed – oder ob sich der Preisauftrieb als hartnäckiger und länger anhaltend erweist. Wenn sich das letztere bewahrheitet, dann wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der Renditeanstieg am Rentenmarkt fortsetzen und für den, im historischen Vergleich, aktuell teuer bewerteten amerikanischen Aktienmarkt als Gegenwind darstellen.
Ein weiterer Belastungsfaktor in den kommenden Wochen für den amerikanischen Aktienmarkt, könnte die ganz aktuell aufkommende Diskussion um eine geplante Erhöhung der Kapitalertragssteuern seitens der Biden-Administration sein.
Eurozone: die dritte Corona-Welle ist noch nicht bewältigt – die Börsen feiern bereits das „Reopening“ auf breiter Front
Die Eurozone kann bisher mit dem C-19 Impftempo der Amerikaner (und Briten) leider nicht mithalten. Zu viel Bürokratie und nur halbherziges Handeln der Exekutive auf vielen Ebenen, erschwerten bisher ein schnelleres Durchimpfen der Bevölkerung. Allerdings sehen wir in den vergangenen Tagen eine Beschleunigung der Vorgänge. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass zum Beispiel in Deutschland bis Ende Juli eine Impfquote von annähernd 70% und damit die Herdenimmunität erreicht wird.
Der anhaltende Aufschwung des Industriesektors und aktuell erste Steigerungen im Dienstleistungsbereich seit August 2020 bescheren der Eurozone, trotz der dritten Coronawelle, eine erfreuliche Robustheit der Konjunktur. Capital Economics schätzt für das Gesamtjahr 2021 für den Euroraum ein Wirtschaftswachstum in Höhe von rund 3% im Vorjahresvergleich (Deutschland +2,1%, Frankreich +4,5% und Italien +3%).
Die Europäische Zentralbank hält sich alle Optionen im Kampf gegen die ökonomischen Folgen der Coronapandemie offen. Eine baldige Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik ist nicht in Sicht. Die europäischen Aktienmärkte entwickelten sich im bisherigen Jahresverlauf besser als von uns erwartet. Es bleibt abzuwarten, wieviel von den positiven Konjunktureinschätzungen bereits in den aktuellen Kursen enthalten ist.
Japan: Gefährdet die vierte Corona-Welle die Olympischen Spiele erneut?
Der Start der Impfkampagne ist in Japan nur schleppend verlaufen und es zeichnet sich eine vierte Welle von Coronavirus-Infektionen ab. Dennoch erwarten wir, dass die Impfstoffe in der zweiten Jahreshälfte eine vollständige Erholung der Inlandsausgaben ermöglichen werden. Capital Economics prognostiziert (deutlich über dem Analystenkonsens von +2,8%), dass das BIP in diesem Jahr um 3,6% steigen wird. Die zugrundeliegende Inflation wird in Japan vermutlich gedämpft bleiben, so dass die Bank of Japan an ihrer sehr lockeren Geldpolitik festhalten wird, auch wenn die wirtschaftliche Erholung nach oben überrascht.
Stand jetzt (22. April) finden die Olympischen Spiele in diesem Sommer (23. Juli bis 8. August) in Tokio ohne ausländische Zuschauer statt, nachdem sie im vergangenen Sommer aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten. Angesichts der vierten Corona-Welle werden die Stimmen für eine erneute Absage lauter.
Der Nikkei 225 hatte im Februar 2021 erstmals seit Sommer 1990! die 30.000-Punkte-Marke temporär überschritten. Den sehr steilen Anstieg seit November 2020 von rund 30% muss der Index nun erst einmal auskonsolidieren, bevor wir Richtung Jahresende 2021 Notierungen deutlich über den besagten 30.000 Zählern erwarten.
Emerging Markets: China und Indien sind die Wachstumslokomotiven
China hat die Corona-Pandemie, gemäß aktuellem Stand, hinter sich gelassen. Allerdings hat die wirtschaftliche Erholung ihren Höhepunkt bereits erreicht. Die Staatsführung und die People’s Bank of China wollen die Verschuldung (öffentliche Hand, Unternehmen und Privathaushalte) nicht weiter ausufern lassen, so dass die massive monetäre Unterstützung zur Überwindung der Coronakrise aus dem vergangenen Jahr nun spürbar reduziert wird. Dies hat seit Mitte Februar bereits Spuren an den chinesischen Aktienmärkten hinterlassen. Der breite Hang Seng Index korrigierte in der zweiten Quartalshälfte um rund 9%. Chinesische Wachstumswerte (gemessen am Hang Seng Tech-Index) verloren seit Mitte Februar rund 25% an Wert. Sie waren allerding seit dem Tiefpunkt im Corona-Crash Mitte März 2020 bis zum 15.02.2021 um 167% gestiegen.
Das aktuelle Kursniveau erachten wir als attraktive Kaufchance, vor dem Hintergrund der langfristigen Wachstumsperspektiven des Riesenreichs.
Der erneut starke Anstieg von Virusfällen in Brasilien und in der gesamten Region Lateinamerika, wird die wirtschaftliche Erholung noch belasten. Wir erwarten jedoch, dass die Einführung von Impfstoffen das Wachstum im weiteren Jahresverlauf stärker ankurbeln wird, als der Konsens prognostiziert. Dennoch werden die Nachwirkungen der schwachen öffentlichen Finanzen die Erholung Lateinamerikas im Vergleich zu anderen Schwellenländern bremsen. Der brasilianische Real verlor seit Januar 2020 bis aktuell rund die Hälfte seines Wertes gegen den Euro. Wir erwarten im weiteren Jahresverlauf eine spürbare Erholung der brasilianischen Währung.
Russland lag Mitte März 2021 mit rund 4,4 Millionen Corona-Infektionen weltweit auf Platz vier der betroffenen Länder. Dennoch kam die Wirtschaft besser durch die Pandemie als zuvor befürchtet. Für 2021 erwartet das russische Wirtschaftsministerium ein BIP-Wachstum um 3,3%. Die russische Notenbank ist sogar etwas optimistischer und prognostiziert einen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr von 3,5%. Wegen der anhaltend hohen Inflationsrate, die im Februar mit 5,7% im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat ein Fünf-Jahres-Hoch erreichte, erhöhte die Zentralbank den Leitzins Mitte März um 25 Basispunkte auf aktuell 4,5%.
Indiens Ökonomie ist in den letzten Monaten gut vorangekommen und aus heutiger Sicht ist das Wachstum auf dem besten Weg, in diesem Jahr stärker zu sein als vom Konsens erwartet. Aber der jüngste Anstieg der C-19 Fälle ist ein erhebliches Abwärtsrisiko für den Ausblick. Dies ist auch ein wichtiger Grund dafür, dass die Royal Bank of India es nicht eilig haben wird, die geldpolitische Unterstützung zurückzunehmen. Wir sind der Meinung, dass die Märkte bei der Einpreisung von Zinserhöhungen in den nächsten 12 Monaten zu optimistisch sind.
Rohstoffe / Rohstoffaktien:
Lithium – Rohstoff der Zukunft
Blickt man auf die Börsentrends der letzten Monate, wird schnell klar: Die Zukunft wird elektrisch. Automobil-Giganten wie Tesla, VW und auch Daimler setzen klar auf Elektromobilität und liefern sich bereits jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen in der Entwicklung. Dabei unabdingbar: der Rohstoff Lithium, welcher die Basis der dafür verwendeten Batterien darstellt. Nach einem jahrelangen Überangebot des seltenen Rohstoffs herrscht nun ein Defizit. Hier bleiben wir engagiert, auch wenn auf dem aktuellen Kursniveau immer wieder Gewinnmitnahmen einsetzen können.
Edelmetalle – Die Angst vor Inflation
Die Edelmetallpreise entwickelten sich in den vergangenen Monaten – anders als von uns erwartet – leicht schwächer. Auch in den nächsten Monaten muss mit einer eher volatilen Preisentwicklung gerechnet werden.
In der kommenden Inflationsphase wird der Zielkurs des Goldpreises allerdings deutlich angehoben werden müssen. Jahrelang versuchten die Notenbanken die Inflation anzuschieben, sind jedoch gescheitert. Die Zentralbanken öffneten die Geldschleusen, doch statt einer Inflation bei den Verbraucherpreisen kreierten sie eine Asset-Preis-Inflation. Nun scheint der Bann gebrochen zu sein, wir rechnen mit einer offiziellen Inflationsrate in den USA von über 3%. Die Rohstoffpreise werden diesen Trend verstärken und dafür sorgen, dass die Inflation deutlich über den Basis-Effekt hinaussteigt. Das spielt den Rohstoffaktien in die Karten. Die Aktien der Bergbauunternehmen bleiben nach wie vor unterbewertet und aus fundamentaler Sicht interessant. Ihre Aktienkurse sind sowohl im Verhältnis ihrer zugrundeliegenden Unternehmensstabilität als auch zum aktuellen Goldpreis zu niedrig. Das verschafft den Gold- und Silberaktien deutliches Potential im nächsten Aufschwung des Goldmarktes. Die zurückliegenden Quartalsberichte der Minenförderer übertrafen die Konsensschätzungen deutlich, was uns für die Zukunft sehr optimistisch stimmt