Amerikas Kampf gegen die asiatische Dekade

Geposted von Andreas Rosner am

Wir haben in einer Reihe von Beiträgen auf unserer Homepage die wachsende, nicht nur wirtschaftliche, Bedeutung von Asien, mit China an der Spitze herausgestellt. Führende Investmentbanken sehen die kommende Dekade als  asiatisch/chinesisch geprägt. Dies kann man auch am Verhalten von Amerika, der noch dominierenden Weltmacht, sehr gut ablesen. Amerika weiss im Grunde sehr genau, dass China, mit seinem 1,44 Milliarden starken Bevölkerungspotential, über kurz oder lang die Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 sein wird. Dies ist auf Dauer nicht aufzuhalten. Dennoch unternehmen die Amerikaner eine Reihe von Maßnahmen, um diesen Prozess so lange wie möglich zu verzögern.

Amerika will Chinas Zugang zu den US-Kapitalmärkten einschränken

Vor wenigen Tagen hat das US-Repräsentantenhaus den „Holding Foreign Companies Accountable Act“ verabschiedet, den der Senat bereits durchgewunken hat. Wenn dieses Gesetz von Präsident Trump unterzeichnet wird (Trump wird dies mit Freuden tun), haben chinesische Firmen, die in den USA börsennotiert sind, wahrscheinlich drei Jahre Zeit, um den US-Prüfungsanforderungen nachzukommen, oder es droht ein Delisting. Dies könnte einen massiven Ausstieg aus den US-Aktienmärkten auslösen, da die chinesischen Vorschriften es lokalen Firmen verbieten, sich im Ausland einer Prüfung zu unterziehen.

Es ist noch Zeit, um einen Kompromiss zwischen den Aufsichtsbehörden der beiden Länder zu finden, der dieses Ergebnis abwendet. Aber in der Zwischenzeit wird die Drohung mit der Einstellung der Börsennotierung den Appetit auf chinesische Börsengänge in den USA dämpfen und bereits dort notierte Firmen dazu anregen, sich um Zweitnotierungen in der Nähe ihres Heimatlandes zu bemühen. Die chinesische Führung, die eine Vertiefung und größere Bedeutung der chinesischen Kapitalmärkte anstrebt, hat somit einen Anreiz, jeden Kompromiss bis zur letzten Minute hinauszuzögern.

Es steht viel auf dem Spiel

Umfangreiche Delistings würde die finanziellen Verbindungen zwischen dem Westen und China schwächen. Die USA sind nach Hongkong der zweitgrößte Offshore-Markt für chinesische Börsennotierungen, mit 217 Firmen und einer Marktkapitalisierung von 2,2 Mrd. USD (Stand Oktober). Einige Investoren können ihre Bestände einfach auf Aktien umverteilen, die von denselben Unternehmen anderswo ausgegeben wurden. Andere, wie z.B. Fonds, die passiv ausschließlich US-Indizes verfolgen, werden dies jedoch nicht tun.

Dies ist nicht der einzige jüngste Schritt der USA, der auf die Finanzierung chinesischer Firmen abzielt. Letzten Monat unterzeichnete Noch-Präsident Trump eine Durchführungsverordnung, die es US-Investoren verbietet, die Wertpapiere von 31 chinesischen Firmen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen das chinesische Militär unterstützen zu halten. Darunter auch die drei wichtigsten Telekommunikationsgiganten.

Andererseits wächst der ausländische Appetit auf chinesische Vermögenswerte

Die Bemühungen zum Vorantreiben der Entkopplung beider Volkswirtschaften werden unter der Präsidentschaft von Joe Biden mit hoher Wahrscheinlichkeit fortgesetzt. Wer glaubt, dass dies ein begrenztes Phänomen der Ära Trump war, der irrt gewaltig.

Während wir erwarten, dass sich die Gräben zwischen China und dem Westen in den kommenden Jahren in Bezug auf Technologie und Marktzugang vergrößern werden, sind die Prognosen für die finanziellen Verbindungen weniger eindeutig. Die in Washington unternommenen Schritte dürften durch den wachsenden Appetit globaler Investoren auf ein Engagement in China ausgeglichen werden. Ausländische Zuflüsse in Onshore-Anlagen haben sich in diesem Jahr deutlich beschleunigt (siehe folgendes Schaubild).

Dies ist teilweise zyklischer Natur. Chinas starke Erholung von COVID-19 und hohe Renditen im Vergleich zu anderen Ländern haben seine Vermögenswerte besonders attraktiv gemacht. Die Öffnung der chinesischen Onshore-Märkte für ausländische Investoren fördert auch eine strukturelle Verlagerung in chinesische Vermögenswerte, die in globalen Indizes und Portfolios lange Zeit unterrepräsentiert waren und noch deutliches Steigerungspotential besitzen.

Fazit

Der Entkoppelungsprozess, speziell zwischen der amerikanischen und chinesischen Volkswirtschaft, wird uns noch sehr lange begleiten. Dies ist Resultat des Kampfes um die globale wirtschaftliche, militärische, technologische und ideologische Vormachtstellung der beiden Großmächte. Dies kann an den Kapitalmärkten temporär zu Belastungen führen aber am langfristigen Trend einer wachsenden Bedeutung Asiens, unter der Führung Chinas, wird all dies nichts ändern.

 

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.