Die Zinsunterschiede bei europäischen Staatsanleihen sind geringer geworden

Geposted von Hans Heimburger am

Am 23. Juli 2012 erreichten 10-jährige Bundesanleihen ihre historisch tiefste Rendite. Zu einem Zinssatz von 1,14 Prozent waren Anleger bereit, dem deutschen Staat für 10 Jahre Geld zu leihen! Spanien musste zum dortigen Zeitpunkt über 7,50 Prozent Zinsen für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren offerieren.

Das in Aussicht gestellte Anleihenkaufprogramm der EZB zeigt Wirkung

Bereits die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi Ende Juli in London und das mittlerweile verabschiedete Anleihenkaufprogramm für kriselnde, aber reformwillige Euro-Länder seitens der Währungshüter hat seine Wirkung nicht verfehlt. Noch bevor Länder wie Spanien oder Italien tatsächlich einen Hilfsantrag beim europäischen Rettungsfonds gestellt hätten (dies ist die Voraussetzung für die Aktivität der EZB), sind die Zinsen in den vergangenen Wochen dort deutlich gesunken. Gleichzeitig sind die Zinsen von 10-jährigen Anleihen der Bundesrepublik Deutschland auf aktuell 1,60 Prozent gestiegen.

Renditeentwicklung 10-jähriger Staatsanleihen 2012 in Spanien (grün), Italien (schwarz), USA (rot) und Deutschland (blau)

Offensichtlich ist für viele die Furcht vor einem Zusammenbruch des Euro-Systems zumindest mittelfristig gebannt. Der Weg in die Fiskal- und Schuldenunion scheint nun für die Mehrzahl der Marktteilnehmer unumkehrbar zu sein. Dies bedeutet, dass die Bonität der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr isoliert betrachtet werden kann, sondern die gemeinsame Haftung im „Schuldenverbund“ im Euro-Raum mehr und mehr ins Bewußtsein rückt.

Die Inflationserwartungen sind wieder angestiegen

Allerdings würden diese geschilderten Zusammenhänge in Europa den seit Mitte Juli zu beobachtenden Zinsanstieg  in Amerika nicht erklären. Hier liegt die Begründung in einem Anstieg der Inflationserwartung. Vor allem anziehende Erdölpreise und dessen Folgeprodukte haben die Teuerungsrate leicht ansteigen lassen. Diese Entwicklung sollte sich, nach Einschätzung der Marktteilnehmer, auch in den kommenden Monaten fortsetzen und spiegelt sich in der Zinsentwicklung wider.

Fazit
Der EZB ist es zunächst gelungen, Vertrauen in den Euro zurück zu gewinnen. Es wurde erneut „Zeit gekauft“, die von den europäischen Regierungen genutzt werden muss, um die Reformen entscheidend voran zu bringen. Es bleibt noch viel zu bewältigen. Die Märkte werden die Entwicklung mit Argusaugen verfolgen.

 

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.