Editorial der Freitags-Info vom 10.05.2024

Geposted von Thomas Boldt am

Das Hoffen auf Zinssenkungen

Letzte Woche hat die amerikanische Notenbank FED ihre Zinsentscheidung verkündet und den Leitzins unverändert gelassen. Noch wichtiger war jedoch der Ausblick auf die möglichen zukünftigen Zinssenkungen. Wer klare Aussagen erwartete, wurde enttäuscht. Doch es gab auch eine überraschende Wendung. Welche Spekulationen ergeben sich daraus und welche Bedeutung hat dies für Ihre Finanzen?  

Die Zielzone für den Leitzins verharrt bei 5,25% bis 5,5%. Die Zinsen bleiben nun schon seit September 2023 auf diesem Niveau. Seit diesem Zeitpunkt wurde diese notwendige „Plateauphase“ diskutiert. Der Plan der US-Notenbanker ist klar: Bis sich die Inflationsrate auf 2% abgekühlt hat, müssen die Zinsen auf hohem Niveau gehalten werden. Allerdings ist dies nicht so eindeutig. Auch der Trend und die Wahrscheinlichkeit, das Inflationsziel zu erreichen, sind entscheidend. Wartet die Notenbank zu lange auf das Erreichen des 2%-Inflationsziels, könnte es bereits zu spät sein! Es besteht dann das große Risiko, dass sich die Konjunktur zu schnell abkühlt und doch noch in eine Rezession rutscht. Daher beobachten derzeit die Marktteilnehmerdie FED-Äußerungen sehr genau. Bei jeder Notenbanksitzung erstellt die FED ein Dokument, das alle relevanten Punkte, die die Notenbank beschäftigen, klar anspricht. Dies umfasst die gegenwärtige wirtschaftliche Situation sowie die Erwartungen der Notenbanker für die Zukunft. Darüber hinaus enthält es einige Aussagen zu geplanten geldpolitischen Maßnahmen. Die Marktteilnehmer vergleichen das „Statement“ Wort für Wort mit dem der vorangegangenen Sitzung. Selbst geringfügige Änderungen können zu Spekulationen führen, die bereits am Tag der Veröffentlichung Kursbewegungen auslösen. Auch diesmal war das der Fall.

In den ersten Absätzen wird schnell klar, dass die Konjunktur weiterhin stark und der Rückgang der Inflationsrate hin zum FED-Zielkorridor ins Stocken geraten ist. Für die Finanzmärkte sind diese Aussagen wie eine kalte Dusche. Wenn die Wirtschaft brummt und die Preise sich nicht abkühlen, dann sind Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen verfehlt. Zudem betont die FED, wie schon in den vergangenen Monaten, dass keine Lockerungen vorgenommen werden, solange sich die Inflation nicht deutlich in Richtung 2 % bewegt.

Während der Pandemie, und auch schon davor, haben Notenbanken weltweit Anleihen gekauft, um damit Liquidität in die Märkte zu bringen. So verhielt es sich auch bei der US-Notenbank. Die Märkte bekamen die Dollars und die FED die Anleihen. Es war klar, dass dies irgendwann rückgängig gemacht werden muss. Dieser Prozess begann in den USA im Juni 2022 unter dem Titel „Quantitative Tightening (QT)“. Monat für Monat wird die Bilanzsumme der Fed zurückgeführt. Die Anleihebestände der amerikanischen Notenbank haben sich seitdem von 9 Bio. US-Dollar auf 7,4 Bio. USD im 1. Quartal 2024 verringert. Ein Satz im FED-Statement ist besonders bemerkenswert: Die Rückführung der Anleihen wird von monatlich 60 Mrd. US-Dollar auf 25 Mrd. US-Dollar reduziert. Dies stellt eine liquiditätsfördernde Maßnahme dar. Zwar ist dies kein direkter Vergleich mit einer Zinssenkung, doch stehen dem Markt dadurch monatlich 35 Mrd. US-Dollar mehr zur Verfügung, was den Marktteilnehmern ein klares Signal gibt. Die FED möchte die Geldpolitik lockern,sobald es möglich ist. Doch der genaue Zeitpunkt bleibt ungewiss.

Als Anleger können Sie sich über die gelockerten „QT-Maßnahmen“ freuen, die möglicherweise den Aktienmärkten weiteren Aufschwung verleihen. Doch es bleiben Fragen, wann die erste echte Zinssenkung erfolgen wird. Jetzt steht bereits fest, dass sich dies ins zweite Halbjahr verschieben wird. Aber es könnte sich auch noch bis 2025 verzögern.

Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH