Editorial der Freitags-Info vom 12.05.2023

Geposted von Andreas Rosner am

24/7 Solarenergie aus dem Weltall

Seit mehr als 50 Jahren gibt es die Idee, die unerschöpfliche Energie der Sonne bereits im Weltall einzufangen, sie zu bündeln und als Strahl zur Erde zu schicken. Denn dort scheint die Sonne 24 Stunden und das an jedem Tag der Woche! Das Sonnenlicht ist dort oben 10-mal so intensiv wie auf unserem Planeten Erde.  

So ehrgeizig unsere Pläne auch sind, Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen, ist die Gewinnung bei Wind- und Solarenergie auf der Erde immer noch wetterabhängig. Strom gibt es nur wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Da hilft es auch wenig, dass gerade bei Photovoltaikanlagen die Solarpanelen immer leistungsfähiger geworden sind. 

Fachleute schätzen das mit diesem Projekt 800 Terawatt grüne Weltraumenergie gewonnen werden kann. Das entspricht einem Drittel des aktuell in der Europa verbrauchten Stroms. Es besteht somit eine realistische Chance Fossile Energieträger aus dem europäischen Strom- mix zu verdrängen.

Vor einigen Wochen hat erstmals ein Praxistest stattgefunden. Das California Institut of Technology hat an Bord einer Falcon 9 Rakete von SpaceX einen Satelliten mit dem sperrigen Namen Space Solar Power Demonstrator – kurz SSPD –  ins Weltall geschossen. Dort wird das SSPD mehrere Photovoltaik-Module positionieren, die sich wie bei einem Regenschirm ausfalten, um das Sonnenlicht einzufangen.

Wie der Strom dann zur Erde transportiert wird, klingt dann eher nach Raumschiff Enterprise. Denn der im All gewonnene Solarstrom soll in einen Mikrowellenstrahl umgewandelt und dann zur Erde geschickt  werden. Weil der Strahl aber auf dem Weg zur Erde ausfranst, müssen am Boden großflächige Antenne Felder gebaut werden, die dann die übertragene Energie in sog. Rectennas auffangen. Die Größe dieser Stationen hängt von der Frequenz der Mikrowellen ab. Liegt sie beispielsweise  bei 5,8 Gigahertz, müssten die rechteckigen Empfangsstationen am Boden eine Seitenlänge von rund 5 Kilometern haben. Auch die Spannweite der Solarsegel im All  müssten auf eine Spannweite von mehreren Kilometern kommen, um effizient arbeiten zu können. 

Für den Menschen ergeben sich in der Umgebung solcher Antennen keine Gesundheitsgefahren, liegt doch die Intensität dieser Strahlen gerade bei einem Siebtel der Mittagssonne! Auch Flugzeuge oder Vögel, die den Mikrowellenstrahl kurzzeitig durchqueren wären nicht gefährdet. Probleme könnte es allerdings beim Handyempfang geben, der durch Interferenzen gestört würde. 

Noch aber befindet sich dieses Projekt in der Erprobungsphase und es wird noch viel Zeit vergehen, bis man belastbare Machbarkeitsstudien erstellt hat, aber die bislang gesammelten Daten sind vielversprechend und schon in naher Zukunft wird man Experimente starten, die dann ein halbes Jahr lang durchgeführt  werden. Dann wird sich zeigen, ob die Science-Fiction-Vision, die Energie der Sonne im All zu nutzen, realistisch ist.

Bleiben Sie bitte gesund und genießen Sie das Wochenende! 

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.