Fracking verändert das Kräfteverhältnis des globalen Ölmarktes

Geposted von Hans Heimburger am

Fadel Gheit ist einer der angesehensten amerikanischen Öl- und Gasanalysten. Er arbeitet seit 1994 für das Brokerhaus Oppenheimer & Co. Inc. und hat über 30 Jahre Branchenerfahrung. Der amerikanische Senat und auch das Repräsentantenhaus nutzen seine tiefen Kenntnisse als Experte im Energiesektor.

Fadel Gheit

Fadel Gheit

Ich lernte Fadel vor acht Jahren bei einer Präsentation von Oppenheimer in Frankfurt kennen. Seitdem telefonierten wir häufig über die aktuellen Entwicklungen des globalen Energiesektors. Ich schätze den kontinuierlichen Austausch mit ihm über die Entwicklungen des globalen Energiemarktes sehr. Seine Stellungnahmen haben entscheidend dazu beigetragen, dass in den letzten Monaten einige Investments der 3ik-Strategiefonds im Ölsektor zum richtigen Zeitpunkt begonnen – und auch wieder rechtzeitig aufgelöst wurden.

Am Freitag letzter Woche schenkte mir Fadel Gheit erneut eine halbe Stunde Zeit für einen Austausch über die Einschätzung des Energiemarktes. Die wesentlichen Punkte aus diesem Gespräch habe ich für Sie zusammengefasst.

Was ist die eigentliche Ursache des Ölpreisverfalls seit dem Sommer 2014?

Der starke Rückgang des Ölpreises war eines der wichtigen Investmentthemen in der zweiten Jahreshälfte 2014 und im ersten Quartal 2015. Es wurden viele Gründe für diese Preisentwicklung ins Feld geführt, von denen ich die wichtigsten nachfolgend benenne:

  • schwächere Nachfrage auf Grund einer nur moderat wachsenden Weltwirtschaft.
  • hohes Angebot, da sich die OPEC-Staaten zu keiner Produktionskürzung entschließen konnten (wollten – um die US-Frackingindustrie in Bedrängnis zu bringen).
  • hohe Ölproduktion durch Russland (und anderer nicht OPEC-Staaten), das die finanziellen Folgen der westlichen Sanktionen (Ukrainekonflikt) mit höheren Einnahmen aus dem Gas- und Ölgeschäft kompensieren will (muss).
  • weltweite Zunahme der Energieeffizienz und damit eine Drosselung des Ölverbrauchs.
  • Kontinuierlich steigende Ölproduktion (Fracking) in Amerika.
Die blaue Linie illustriert die Entwicklung des Ölpreises (WTI Crude Oil) seit Sommer 2014

Die blaue Linie illustriert die Entwicklung des Ölpreises (WTI Crude Oil) seit Sommer 2014

Fadel Gheit bestätigte meine Einschätzung, dass der Hauptgrund für den Ölpreisrückgang in den rapiden technologischen Fortschritten der Fördertechnik des Fracking zu finden ist.

Neue Förderregionen mit sehr hohen Schiefergasvorkommen werden erschlossen

In den vergangenen Jahren wurden die Fördergebiete Eagle Ford Shale in Südtexas oder die Bakken Region in North Dakota weltbekannt. Ein neuer Ölboom in den genannten Regionen führte zu einem enormen Produktionsanstieg in Amerika und somit zu einer deutlich geringeren Abhängigkeit des Landes von Ölimporten (aus politisch instabilen Ländern).

Bakken Formation in North Dakota

Bakken Formation in North Dakota

US-Ölförderung und Ölimport 2000-2014

US-Ölförderung und Ölimport 2000-2014

Neue erhebliche Vorkommen erwartet man nun auch im westlichen Texas. Experten glauben,dass dort neue Megaölfelder erschlossen werden können.

Die Lernkurve der Ingenieure zur kontinuierlichen Verbesserung der Fördertechnik des Fracking (Hydraulic Fracturing oder kurz Fracking) war in den vergangenen Jahren enorm und wird auch weiterhin sehr steil bleiben. Fadel Gheit erläuterte mir, dass noch vor 7 Jahren etwa nur ein Prozent eines vermuteten Vorkommens tatsächlich gefördert werden konnte. Diese sogenannte “Recovery Rate” liegt heute bei rund 8 Prozent und wird sich vermutlich in den kommenden drei bis fünf Jahren verdoppeln. Somit steigt die Kosteneffizienz immer weiter an.

Gleichzeitig gelingt es den Ingenieuren, die Bohrlöcher schneller in Betrieb zu nehmen und Öl und Gas zu fördern. Von der ersten Bohrung bis zur tatsächlichen Produktion vergehen nur wenige Wochen. Umgekehrt kann die Fördermenge sehr flexibel gedrosselt werden, um auf die Angebots- und Nachfragesituation am Ölmarkt sehr wendig zu reagieren.

Zum Jahreswechsel 2014/2015 wurde oft die Sorge vor einer großen Pleitewelle in der amerikanischen Fracking-Branche geäußert. Diese Stimmen sind deutlich zurückhaltender geworden. Einerseits konnte sich der Ölpreis von den Tiefständen im Januar und März 2015 mittlerweile um rund 30 Prozent erholen, andererseits gelingt es den Frackern mit eiserner Kostendisziplin und Innovationskraft auf die Herausforderung des Marktes zu reagieren.

Die Macht der OPEC ist gebrochen

Die Ölproduzenten im Nahen Osten, namentlich Saudi Arabien hat das perspektivische Fracking-Potential in Nordamerika viel zu lange unterschätzt. Fadel Gheit gewann diese Erkenntnis aus den Einschätzungen diverser Vorstände der amerikanischen Ölmultis, mit denen er sich regelmäßig intensiv austauscht. Die Entscheidung der OPEC Staaten vom vergangenen November, keine Kürzung der Fördermengen vorzunehmen und damit einen weiteren Preisverfall hinzunehmen, war vermutlich ein (fast schon verzweifelter) Versuch, die amerikanische Fracking-Industrie zurückzudrängen. Dieses Spiel ist bisher nicht aufgegangen, wie wir im vorhergehenden Abschnitt darlegten. Fadel Gheit ist absolut überzeugt, dass die hohe technologische Innovationskraft und Flexibilität der US Fracker sehr stark dazu beitrug, dass die vierzig Jahre währende Macht der OPEC gebrochen ist oder zumindest deutlich geschwächt wurde.

Wie lautet die Prognose für den Ölpreis und die Entwicklung in der Branche?

Mein amerikanischer Gesprächspartner sieht den Ölpreis in den kommenden Monaten in einer Bandbreite von 50 bis 70 Dollar je Barrel der US-Sorte WTI (West Texas Intermediate). Der aktuelle Preis liegt bei 61,4 Dollar pro Fass. Gheit erwartet, dass in den kommenden Monaten die M&A Aktivitäten (Mergers & Acquisitions) in der Öl- und Gasbranche zunehmen werden. Er berichtete, dass zum Beispiel der Branchenprimus Exxon Mobil über eine prall gefüllte Kriegskasse im Volumen von mehr als 300 Milliarden Dollar verfügt. Potentielle Übernahmekandidaten und potentielle Käufer scheinen sich mit den neuen Preisgegebenheiten des Marktes mittlerweile zurecht zu finden, so dass die “neuen” fairen Preise möglicher Deals nun kalkuliert wurden.

Unsere Investitionen im Ölsektor in den 3ik-Strategiefonds

In 2014 waren wir mit unseren Fonds im Ölsektor nicht investiert. Nach dem drastischen Preisrückgang des Öls und der kräftigen Korrektur der Ölaktien handelten wir seit Januar 2015 zweimal erfolgreich amerikanische Ölaktien. Wir investierten in Occidental Petroleum (siehe nachfolgenden Chart), Anadarko Petroleum, Exxon Mobile, ConocoPhillips und ein ETF auf die großen europäischen Ölaktien.

blaue Linie: Kursverlauf der Occidental Petroleum Aktie seit Juni 2014. rote Punkte: Käufe und Verkäufe in der Aktie für die 3ik-Strategiefonds II und III in 2015

blaue Linie: Kursverlauf der Occidental Petroleum Aktie seit Juni 2014. rote Punkte: Käufe und Verkäufe in der Aktie für die 3ik-Strategiefonds II und III in 2015

Fazit: Unter dem Aspekt möglicher Übernahmeaktivitäten halten wir Investitionen in mittelgroße US-Ölwerte mit gesunden Bilanzrelationen für sinnvoll. Wir werden auch weiterhin den Austausch mit Fadel Gheit pflegen.

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.